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Famo, der Oger

(von Markus Still)

Ich kann euch sagen, es war nicht leicht sich mit dem Oger, anzufreunden. Aber eins nach dem anderen.

Wir waren zu viert in den Hügeln unterwegs, um einen verlassenen Zwergenstollen zu suchen, von dem wir gehört hatten.
Gronar, der Zwergenkämpfer, der seine geliebte Zweihandaxt ständig mit einem weichen Stein streichelte und diese auch bei Nachtlagern nie wirklich aus der Hand legte.
Olibi-Queng, die Entenklerikerin, die ständig seltsame Lieder zum Besten gab und die alle nur Ollie nannten.
Die Halborkin Kalla, die ihre Finger einfach nicht von fremden Sachen lassen konnte, uns aber bei Einkäufen oft einen ganz guten Preis verschaffte.
Und schließlich meine Wenigkeit. Vykarijon, Halbelf und aufstrebender Meister der magischen Künste.

Und es lief eigentlich ganz gut in den Hügeln. Wir hatten eine leere Trollhöhle voller Unrat gefunden, in der sich aber zusätzlich noch ein großer Haufen Gold fand und einige Centauren in die Flucht geschlagen, von denen Gronar seine wunderschöne Axt hatte.
Es lief wirklich gut, bis wir in diesen Hinterhalt der berüchtigten Eisenhammerbande gerieten. Selbst Gronar konnte die vier gut gerüsteten Zwerge nicht umstimmen und wir wurden von ihnen direkt in einen ernsten Kampf verwickelt, bei dem uns alles Glück verließ und vor allem unserem Zwerg übel mitgespielt wurde. Wir wurden alle beim ersten Waffengang verletzt und Gronar ging zu Boden. Als die die Eisenhammerzwerge mit allen von Gronars und einigen unserer Habseligkeiten abzogen, konnte nicht einmal mehr Ollie etwas für ihn tun. Bei Gronars Bart schworen wir der Eisenhammerbande ewige Rache und begruben ihn nach Art seines Klans auf der Kuppe eines Hügels unter einem Haufen Steine.

Da wir zu dieser Zeit in der Nähe von Gadûr unterwegs waren, schleppten wir uns mit letzter Kraft dorthin, um unsere Wunden versorgen zu lassen. Wir hatten das Glück, einen einheimischen Stadtführer zu treffen, der uns gleich ein recht gutes Wirtshaus empfahl, in dem wir bei warmem Honigbier und in Milch aufgeweichten Brotwürfeln für Ollie schnell gesundeten. Und dort machten wir auch die Bekanntschaft mit dem Oger Famo, der sich in dem Gasthaus als Küchenhilfe verdingte und sich den Unbill des Küchenchefs zugezogen hatte. Das kam daher, dass er einem anderen Oger beim Gemüse putzen eine Hand abgebissen hatte. Das wussten wir aber zu diesem Zeitpunkt nicht, er erzählte es uns erst Wochen später am abendlichen Lagerfeuer.
Wir entflohen also mit Famo und waren recht froh, einen vierten Gefährten gefunden zu haben, mit dem wir in die Hügel zurückkehren und unseren Schwur gegen die Eisenhammerbande einlösen konnten.

Es sollte aber nicht dazu kommen, denn nachdem wir an einem Feldzug gegen die Orks teilgenommen, einen Troll erschlagen und bei der Weinlese von Winzer Ludwig Gemslein mitgeholfen hatten, wurde Famo immer unruhiger. Anfänglich war er etwas unleidig, bis uns klar wurde, dass er einfach Unmengen von Essen benötigte, um glücklich zu sein. Aber auch das half nach einigen Tagen nichts mehr gegen seine schlechte Laune. Bei jeder Weggabelung versuchte er uns nach Norden zu lenken und machte ein unfassbares Gezeter, wenn die Entscheidung der Gruppe anders ausfiel.
Eines Tages rückte er damit heraus, dass er unbedingt in die Berge müsse, weil er dort in einer Höhle einen Schatz versteckt hatte. Es brauchte eine Weile, bis wir ihm die Geschichte abnahmen und es sollte sich später herausstellen, dass dieser Schatz gar nicht existierte und nur ein Vorwand war, um uns in die Berge zu locken. Den Ausschlag gab die Tatsache, dass Famo in den Bergen heimisch war, wir uns ohnehin langsam stark genug dafür fühlten und die Eisenhammerbande in den Hügeln einfach nicht mehr aufzufinden war.

Wir hatten anfangs ziemliches Glück in den Bergen und fanden gleich eine verzauberte Quelle, von der alle tranken und Kalla, die Halborkin, auf magische Weise stärker wurde.
Und dann passierte das Unfassbare. Nachdem wir ein paar Berggoblins besiegt hatten, gerieten wir in einen furchtbaren Eissturm, der vor allem Ollie und mir ziemlich zusetzte. Wir wären sicher erfrohren, wenn Famo uns nicht ein hervorragendes Häuschen aus Eisblöcken gebaut hätte, in dem wir einen kompletten Tag ausharrten, bis der Sturm sich legte.

Am Tag unserer Abreise ging es Famo aber plötzlich sehr schlecht. Er wälzte sich auf seiner Felldecke herum und wimmerte schrecklich. Ollie probierte alles Mögliche aus, aber sie konnte ihm nicht helfen. Es war weder eine Verletzung, noch eine Vergiftung. Famo rollte sich unter Fellen zusammen und stöhnte und schrie, dass es uns allen ganz anders wurde, aber nach einigen Stunden des Kampfes mit der vermeintlichen Krankheit, drehte sich Famo mit verschwitzter Stirn und einem Lächeln im Gesicht zu uns um. In seinem Schoß lagen 3 lederartige grünbraune Eier von der Größe eines Kopfes. Wir hatten die ganze Zeit über nicht gewusst, dass Famo trächtig war. Eine große Erleichterung machte sich breit.

Famo erwürgte aber unseren einzigen Esel und öffnete seinen Bauch. Dort legte er seine Eier hinein und deckte schließlich alles mit Zweigen, Laub und Schnee zu. Mir lief ein Schauer über den Rücken, aber Famo machte einen glücklichen Eindruck. Beim Gehen warf er einen langen Blick zurück. Wir suchten diesen Ort allerdings nie wieder auf. Kleine Oger müssen selbst lernen, wie man groß und stark wird. Wir werden nie erfahren, ob sie es alle geschafft haben.


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famo_der_oger.txt · Zuletzt geändert: 2020/08/10 20:15 (Externe Bearbeitung)